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Montag, 8. September 2014

Ab an die Uni!


Inhalt: 29.08. - 06.09. 2014

Geschrieben: 06.09. - 08.09 2014



Das lange Warten hat jetzt endlich wieder mal ein Ende. Dafür wird der Eintrag umso länger. Warum das jetzt so ewig gedauert hat und wie wir von einer besoffenen Chinesin angegriffen wurden, danach fast überfahren wurden, auf dem Campus einen besoffenen Koreaner aufgelesen haben und dabei Steven kennengelernt haben und wie wir drei Stunden für die wohl lächerlichste Gesundheitsuntersuchung aller Zeiten anstanden lest ihr in diesem Eintrag.

Nachtrag: auch was über Smog mit Vergleichsbildern :-)



Freitag, 29.08.2014



Der Himmelstempel

Pflichtbewusst
Stefan, Thomas und ich trafen uns mit 金迪 Jīndí , einer chinesischen Freundin von Stefan und gingen zusammen in den Himmelstempel. Der Kaiser betete dort für eine ertragreiche Ernte und das dazu nötige Wetter. Offiziell als AAAAA-Sehenswürdigkeit (je mehr As, umso sehenswerter) deklariert war es dementsprechend voll, aber dennoch wieder mal eher ein Ort zum Entspannen. Der Tempel an sich beziehungsweise alle vorhandenen Gebäude waren architektonisch sehenswert und gigantisch, aber was besonderes war es nicht wirklich. Auch in den 
Unkonventionelles Kinderwagenziehen
   Tempeln selbst standen nur die üblichen Altäre und Throne, aber sonst war da nichts weltbewegendes drin. Interessanter dann doch die Bauweise: das Eckige in Form von Mauern als Repräsentativ für den Erdenkreis, und das Runde in Form der runden Tempel als Repräsentativ für den Himmel – somit symbolisierte die Anlage eine Verbindung zwischen Himmel und Erde, oder den sprichwörtlichen Himmel auf Erden.

Die Braut bittet einen Besucher des Himmelstempels,
ein Stück zur Seite zu gehen













Wie an vielen „Scenic Spots“ in China üblich, ließen sich dort viele Hochzeitspaare in voller Montur ablichten, manche in klassisch Chinesisch in rot, manche westlich in weiß.



金迪 Jindi :-)
Bewegung wird überschätzt, wenn der Ball von alleine zurückkommen kann, warum nicht





Und sonst so?




Qianmen

Später sind wir dann noch nach 前门 qiānmén gefahren, ein Shopping- und Touristengebiet ähnlich Houhai, in einem restaurierten Handelsviertel. Wie
Was haben wir denn da?
alles touristische in China war das weniger spannend. Das Essen in dem Restaurant, wo wir dann auf Jindis Empfehlung hin reingegangen sind, war richtig lecker und mal wieder was, was ich noch gar nicht kannte. Eine Art Teigtaschen (aber nicht wie Jiaozi), gefüllt mit Mais, Spinat, Tofu, Ei, Weißkohl und ganz vielen leckeren anderen Sachen.



Ich weiß nicht mehr, wie sie heißen -.-




Odyssee in Sanlitun

Mit Jindi machten wir uns dann in den Bookworm auf, dort wollten zwei singen, Klavier und Ukulele spielen. Als wir nach einem längeren Weg von Qianmen bis nach Sanlitun dann endlich im Bookworm ankamen, war es schon um neun. Die beiden spielten dann noch ein Lied und dann war auch schon Schluss – prima. Jindi machte sich dann auch schon auf den Weg, sie wollte noch die letzte U-Bahn bekommen. Wir drei blieben noch eine Weile sitzen, tranken unser Bier leer und machten uns auf den Weg nach Hause. Da die letzte U-Bahn für uns wahrscheinlich schon weg war, entschieden wir uns schweren Herzens dafür, wieder ein Taxi zu nehmen. Schon bei unserem letzten Besuch im Bookworm hatten wir ja eine gute Stunde benötigt, ein Taxi zu finden.

Nun waren wir an diesem Abend sogar noch früher dran als das letzte Mal. In den ersten paar zehn Minuten hatten wir natürlich wieder kein Glück. Auch leere Taxis fuhren an uns vorbei, hielten dann aber wenig später für Chinesen an. Wahrscheinlich haben in Sanlitun, von vielen Ausländern bevölkert und mit teuren westlichen Bars, Restaurants, Clubs und Shoppingcentern gepflastert, viele Taxifahrer schlechte Erfahrungen mit (betrunkenen) Ausländern gemacht und nehmen sie deswegen eher ungern mit. Für uns war das die einzige plausible Erklärung, über welche wir nicht mehr nachdachten, als plötzlich eine schick in schwarz gekleidete chinesische Mittzwanzigerin, in der linken Hand eine rote Rose haltend, auf Stöckelschuhen auf uns zuwankte und Stefan vollkommen unvermittelt eine langte, woraufhin er zurückwich und ich die junge Damen davon abhielt hinter Stefan hinterherzurennen. Als ich somit dann ihre Aufmerksamkeit auf mich gelenkt hatte, wollte sie bei mir weiter rumzicken, woraus dann nicht viel wurde, weil ich sie von hinten packte und erstmal festhielt. Dann wurde sie dann noch verrückter. Thomas hat uns beide dann getrennt. Ihre Rose und Tasche lagen inzwischen auf dem Boden. Sie starrte mich dann noch 10 Sekunden (!) lang mit starren und irgendwie diabolischen Augen an bis sie schließlich noch zu mir sagte „You fucking me“, ihre Tasche und Rose aufhob und die weiterhin wankend die einfach so weiter über die Straße lief, wo sie dann auch fast noch überfahren wurde. Wer weiß, was man ihr ins Glas gemischt hatte oder welches Zeug sie sich hinter die Binde gekippt hatte, gut getan hat es ihr auf jeden Fall nicht. Aber auch dieser Frage konnten wir nicht lange nachgehen, denn schon musste ich Thomas zur Seite ziehen, als ein Sportwagen laut heulend beschleunigend an uns vorbeiraste. In China wartet man auf Taxis meistens direkt auf der Straße, und auch an diesem Abend taten wir das auf einer Spur, die kaum befahren war. Und im chinesischen Verkehr kommen sich alle Verkehrsteilnehmer immer sehr nah, was jedoch meistens weniger gefählrich ist, als es den Anschein hat. Doch in diesem Moment, noch geschockt (ich persönlich noch zitternd) von der verrückten Tarantel ein paar Sekunden zu vor, hatte dieser Sportwagen doch eine ernsthafte Bedrohung für uns dargestellt.

Dieser Abend endete also alles in allem furchtbar (wenigstens haben wir dann irgendwann, nachdem wir tausende weitere Schwarztaxis und zu kleinen Taxis umgerüstete Mopeds abgelehnt hatten, noch ein richtiges, gemütliches, offizielles Pekinger Taxi für unsere Fahrt ins Hostel ergattern können). Sanlitun haben wir seitdem gemieden. Im Bookworm gibt es zwar stabiles Internet, aber auf noch so eine Tortur am Abend können wir bis auf weiteres verzichten. Ihr bestimmt auch.



Samstag, 30.08.2014



Übers Bloggen

Auch, um uns vom vorangegangenen Abend zu erholen, entschieden wir uns, den nächsten Tag sachte angehen zu lassen, im Hostel guten Kaffee zu trinken und endlich mal unsere Blogs weiterzuschreiben und zu veröffentlichen (der vorherige beitrag ist an besagtem Samstag entstanden). Da es zu diesem Tag nichts weiter Spannendes zu berichten gibt, außer, dass das Netz öfter mal nicht ging und das Bloggen über chinesisches Internet über deutschen VPN sehr an den Nerven nagt, kurz was zum Bloggen an sich:

Ich halte mich bis jetzt finde ich ganz gut, wenn man es mit meinem letzten Versuch vergleicht. Das Bloggen an sich ist enorm arbeitsaufwändig, zumindest oder vor allem hier in China. Ich muss mir über den Uni-VPN Zugang zu einem deutschen Server verschaffen, um auf Blogger, ein Produkt von Google, was in China vollständig geblockt ist, zugreifen zu können und euch auf dem Laufenden zu halten. Mit der schlechten Internetverbindung im Hostel und der momentan nicht vorhandenen auf dem Campus, wo wir jetzt residieren, ist das ein mühseliges Unterfangen. Und vorher steht ja immer noch das Texten und Fotos auswählen, bearbeiten, abspeichern und haste nicht gesehen. Es macht mir wirklich Spaß, den Blog zu führen und aufrecht zu erhalten und zu sehen, dass ihn einige von euch auch aufmerksam und gerne verfolgen, dafür ein großes DANKESCHÖN. Deswegen hoffe ich auch, dass ihr nachvollziehen könnt, dass es manchmal einige Tage länger dauert, bis ihr neuen Stoff bekommt. Ich bin und bleibe dran – aber solange ich kein stabiles Internet habe (was hoffentlich ab nächste Woche Dienstag nicht mehr der Fall sein wird), kann ich keinen regelmäßigen und vernünftig langen Texte versprechen :)

So, und jetzt geht’s auf die Mauer!!!



Sonntag, 31.08.2014

Auf der Mauer

Für den Sonntag hatten wir uns vorgenommen, gemeinsam mit Jindi das zu tun, was einen, um mit 毛泽东 máozédōng (Mao) zu sprechen, erst zu einem richtigen Chinesen macht: die Mauer besteigen. Denn in China weiß jeder: 不到长城,非好汉!búdào chángchéng, fēi hǎohàn! Wer nicht auf der Großen Mauer war, ist kein guter Chinese.

Dafür hatten wir für uns vier in unserem Hostel eine Tour gebucht, die uns für 280 Yuan (inklusive Frühstück und Mittagessen) zum Mauerabschnitt bei 慕田峪 mùtiányù bringen sollte. Jindi trafen wir um 7:10 bei uns im Hostel, wo wir gemeinsam frühstückten. Zwanzig vor acht ging es dann in den Bus. In Peking fuhren wir zunächst noch zu einem anderen Hostel, wo noch ein paar Ausländer hinzustiegen.

Die Fahrt bis zur Mauer dauerte dann ca. noch 2 Stunden, die wir vor allem damit verbrachten, etwas Schlaf nachzuholen, mussten wir doch an diesem Morgen zu ganz unmenschlichen Zeiten aufstehen. Für den Auftsieg gab es die Option, tatsächlich aufzusteigen oder sich mit einer Seilbahn hochfahren zu lassen – natürlich liefen wir nicht. Die Seilbahn ähnelte eher einem Skilift, war also offen und bot uns einen wunderbaren Ausblick auf die unter uns liegenden Bäume und Abhänge, was Thomas, wie ihr hier sehen könnt, weniger lustig fand als ich.





Nochmaaaaalll!!!
Sicher oben angekommen entschieden wir uns dazu, die Route zu nehmen, auf der auf der kleinen Karte auch eine Toilette in einem der Wachtürme verzeichnet war, was jedoch, wie sich später herausstellte, nicht die Realität widerspiegelte. Schade.

Obwohl wir auf einem vergleichsweise restaurierten Abschnitt waren (Jinshanling ist kaum restauriert, man muss richtig klettern. Bei Badaling könnte man degegen denken, die Mauer sei erst vor 'ner Woche
fertiggestellt worden), hielten sich die Touristenströme in einem noch erträglichen Maße. Einzig die vielen klugen Leute, die in den ohnehin schon schmalen Durchgängen der Wachtürme verweilten, um was auch immer für Fotos zu machen, strapazierten unsere Nerven. Auch die Aussicht war an diesem Tag mäßig, was vermutbarerweise und hoffentlich aber in diesem Fall mal kein Smog, sondern Nebel war. Na gut, ein bisschen Smog war vielleicht auch dabei.

Auf der Mauer hielten wir uns ca. 2 Stunden auf. Wir liefen auf und ab, machten viele Fotos, ließen Fotos von uns machen wunderten uns über unregelmäßigen Treppenstufen, deren Höhe von 5cm bis vermutlich 25cm reichte und das Vorankommen nicht gerade erleichterte. Auch, wenn die Sicht wie gesagt nicht so gut war, hat sich dieser Ausflug sehr gelohnt. Für mich war und ist die chinesische Mauer etwas legendäres, etwas, wovon ich als Kind gehört hatte, aber niemals gedacht hätte, jemals dort hinzukommen (ich war zwar schon einmal drauf, aber jetzt bin ich halt ein noch bessere Chinese ;-)

Herr Kukowka
Lächeln!


Klein Thommi auf der großen Mauer


Stefan!!!
Runter ging es dann mit einer Sommerrodelbahn. Nach einem kurzen obligatorischen Test der Bremsen auf den ersten paar Metern freuten wir uns auf eine rasante Abfahrt. Unserer Freude wurde jedoch gemindert, als wir feststellten, dass uns eine durchgängig rasante Abfahrt nicht vergönnt sein sollte, da die Frau, die vor uns vor so langsam fuhr, dass sie genauso gut aussteigen und schieben hätte können. Das tat sie leider nicht, und so mussten wir uns mit einigen kurzen schnellen Abschnitten zufrieden geben, die auch nur zustande kamen, weil wir vorher, um ihr Vorsprung zu geben, noch langsamer als sie fuhren, fast stehen blieben und uns dann wieder selbst mit den Händen anschieben mussten … Naja, hat dennoch Spaß gemacht :-)


Great day with great people on the Great Wall




Sich den lokalen Gepflogenheiten anpassen – 入乡随俗 rùxiāng suísú

Wieder am Fuß der Mauer angekommen, ging es für uns und die anderen Leute aus unsere Gruppe zum Mittagessen. Das war im Preis inbegriffen und schon für uns vorbestellt, es war sogar sehr viel vegetarisches dabei. Wie gewöhnlich wurden die verschiedenen Gerichte in die Mitte des Tisches auf eine Drehplatte gestellt, sodass sich jeder mit seinen Stäbchen bedienen konnte. Genauso taten wir es und genau das war es, was eine spanische Dame und ihren Freund offensichtlich störte. Anstatt sich mit den Stäbchen das zu nehmen, was sie gerade essen wollten, benutzen sie die Löffel, um sich ihre kleinen Teller und Schüsseln vollzuschaufeln, so, wie man es eben nun genau nicht macht und wie es in China als unhöflich angesehen wird. Ihren Unmut über unsere wohlgemerkt korrekte Essweise bemerkten wir, da sie immer wieder zu uns herüber schaute und sich dann immer zu ihrem Freund wendete und weiterhin in unsere Richtung schauend mit ihm redete. Irgendwann sagte einer von ihren spanischen Freunden zu uns, dass wir doch mal den Löffel benutzen sollten, um uns unser Essen zu nehmen, weil der ja dazu da sei. Stefan erwiderte dann schon etwas energischer (wir waren alle schon leicht gereizt von ihren ständigen Blicken und Tuscheln), dass diese eben nicht der Fall sei und man sich in China Stück für Stück mit seinen Stäbchen bedient. Das kommt davon, wenn man auf einer Touristenreise in seiner eigenen Blase bleibt, um ja nicht zu viel von der Kultur des Gastlandes mitzubekommen. Aber dann kann man auch zu Hause bleiben.



Montag, 01.09.2014



Doppelzimmer

Dem Tipp von Frau Rong, die wir bei Frau Lai kennengelernt hatten, folgend, gingen wir schon am Montag Vormittag in die Renmin Universität, um uns anzumelden.

Als wir gerade zum Osttor hereinkamen stand auf einmal Merle Schatz vor uns. Merle Schatz war im ersten Semester an der Uni Leipzig unsere Dozentin für das Modul „Modelle und Methoden: Einführung in die Regionalwissenschaft“ gewesen. Sie war nach Peking gekommen um an der Weltkonferenz der Sinologen teilzunehmen, deren Gastgeber die Renmin Universität war (diese Veranstaltung klingt wichtig, aber soll tatsächlich weniger bedeutsam sein). Die Welt ist also ein Dorf und wir verabredeten uns mit ihr zum Abendessen. Zunächst aber trafen wir im Cultural Exchange Center auf dem Campus Anna, eine Freundin und Kommilitonin. Wir stellten uns in die Schlange und als wir an der Reihe waren, wurde uns gesagt, dass wir uns heute nur für ein Zimmer anmelden könnten. Besser als nichts. Anna hatte schon ein paar Tage zuvor ein Zimmer bekommen. Thomas und ich wollten beide ein Einzelzimmer, die zunächst aber nicht für uns zur Verfügung standen. So entschieden wir uns dazu, erst einmal zusammen in ein Doppelzimmer zu ziehen. Nachdem wir 300 Yuan bezahlt hatten bekamen wir unsere Schlüssel für Raum A1112 im International Students Dormitory No.1. Das Zimmer ist erfreulicherweise wirklich gut: zwei Betten mit Ablage oben drüber, zwei große Schränke, zwei Schreibtische mit vielen Regalen und ausreichend Decken. Die Liegefläche der Betten besteht aus einem Holzbrett, einer dünnen Matratze und einer noch dünneren Auflage. Hart. Aber ich finde, dass es sich darauf wirklich ausgesprochen gut schläft. Viel besser, als in solchen Einsinkbetten. Ein Bad haben wir nicht auf dem Zimmer, aber dazu müssen wir einfach nur den Gang runter in die Waschräume, wo auch zwei Waschmaschinen zur Verfügung stehen. Ganz süß: auf der Waschkarte steht, dass die Wäsche genauso sauber wird, wie bei Mutti:



像妈妈洗的一样干净! So sauber wie bei Muttern!




Das stimmt nicht ganz, da die Wäsche irgendwie viel fusseliger wird, aber in weiser Voraussicht und aufgrund von Erfahrungswerten habe ich ja ne Fusselrolle mitgenommen. Nachdem wir dann uns noch kurz umgeschaut hatten, gingen wir mit gemeinsam Stefan noch ein paar dem heißen Wetter angemessene kurze Klamotten einkaufen und trafen uns dann zum Abendessen mit Merle in einem Feuertopfrestaurant.



Laut = gesellig und lebhaft

Feuertopf, auf Chinesisch 火锅 huǒguō , besteht aus einem großen Topf in der Mitte des Tisches, in der sich eine nach Belieben scharfe Brühe aus Gemüse und Fleisch oder nur einem von beiden befindet. Diese Brühe wird permanent von einem Feuer am Kochen gehalten. Dazu bestellt man dann Gemüse, Tofu, Nudeln und Fleisch und lässt alles in der Brühe garen. Dazu isst man Reis und verschiedene Soßen und Pasten, sehr beliebt ist Sesamsoße. 



Ich habe ja schon in 
vielen chinesischen Restaurants gegessen. Und zu den Stoßzeiten ist der Lärmpegel immer bemerkenswert. Aber dieser Feuertopfladen übertraf alles bisher gesehene und gehörte bei weitem. Schon als wir das Restaurant betraten und uns die Bedienung fragte, wie viele Leute wir seien, brüllte sie die Zahl 4 mit einer Inbrunst und Lautstärke durch den Laden, die einem startenden Flugzeug allemal Konkurrenz gemacht hätte. Um die fast alle gut besetzten Tische, die dampfenden Feuertöpfe und sonstige Geräusche zu übertreffen, war dies aber auch mehr als nötig. Wir selbst fanden einen Tisch direkt neben einer der Klimaanlagen und in der Nähe der Soßentheke. Nachdem dann wir, oder hauptsächlich Merle bestimmt zehn Minuten mit der Bedienung gesprochen hatte, damit wir eine rein vegetarische Brühe bekommen (also der Sud ohne Fleisch und tierische Öle), bekamen wir schließlich unser Essen und dazugehörige Ingredienzien wie Tofu, Nudeln, Lotuswurzel, Reiskuchen, Weißkohl, sowas wie Gurke, Süßkartoffel, Kartoffel, und mehr. Und dazu gab es natürlich Bier. Chinesisches Bier hat zwar immer nur so 2,6 % Alkohol, aber ist trotzdem ganz gut trinkbar und gehört zu einem Feuertopfessen wie der Ouzo zum Gyros. Wir aßen und redeten und lachten und ließen uns von den beeindruckenden Organen der Bedienungen unterbrechen und aßen weiter und redeten, bis wir fast fertig waren und es draußen anfangen hatte, wie aus Eimern zu schütten. Das hatte es schon auf unserem Weg zu dem Restaurant getan und tat es in jenen Tagen überhaupt sehr
Man muss sich nur zu helfen wissen
geleert und auf die Theke gestellt. Da sich die Tropfen aufgrund des wieder einsetzenden Regens draußen aber nun wieder zu langen Fäden verbanden und unsere auf dem Boden abgestellten Sachen nass zu werden drohten, nahm ich den Krug und stellte ihn wieder unter das Leck. Hätte es kurz darauf dann nicht auch noch verdächtig viel aus einem anderen, größeren Leck an einem Vorpsrung in der Decke angefangen zu tropfen, wären wir sicher auch noch länger geblieben. Aber der Gefahr einer herabstürzenden Decke wollten wir uns dann doch nicht aussetzen (auch wenn die Angestellten, das Problem für weitaus weniger problematische zu halten schienen, als wir es taten) und so verließen wir gesättigt und froh darüber, wieder eine Geschichte zum Erzählen zu haben, das Geschäft und machten uns auf den Heimweg.

Es war ganz toll mit dir, Merle ;-)



Dienstag, 02.09.2014



Himmlischer Frieden

Am Dienstag besuchten wir dann endlich das Herz Pekings, den größten befestigten und vermutlich am besten bewachten Platz der Welt: 天安门广场 tiānānmén guǎngchǎng – Den Platz des Tores des Himmlischen Friedens (nicht: Platz des Himmlischen Friedens). Umgeben von der verbotenen Stadt im Norden, dem Nationalmuseum im Osten, der Volkskongresshalle im Westen und dem Mao-Mausoleum ist er für viele Chinesen der Inbegriff
eines Pekingbesuches, war man nicht dort, war man nicht Peking. Auch beliebt: dem minutiös nach dem Sonnenaufgang getakteten Hissen der chinesischen Flagge beiwohnen, die jeden Morgen von einer Ehrengarde aus der verbotenen Stadt über die riesige 长安街 chángānjié getragen und auf den Fahnenmast hochgezogen wird (und abends wieder das gleiche Spiel rückwärts).

Der Platz ist nur an einigen Punkten zugänglich, ansonsten ist er umzäunt. Wer ihn betreten will, muss seine ID-Card vorzeigen, sein Gepäck durchleuchten lassen und sich gegbenefalls nochmal mit nem Detektor abpiepen lassen – wenn man Chinese ist. Wir als westliche Ausländer mussten nicht einmal unsere Pässe zeigen, die wir schon bereithielten. Lediglich unsere Taschen mussten wir durchleuchten lassen (also das, was man auch immer machen lassen muss, wenn man in Peking das U-Bahnnetz betritt). Wir stimmten alle darin überein, dass das auch eine Form von Rassismus ist, wenn auch eine sehr subtile, aber deswegen nicht weniger schwerwiegende. Warum
werden wir als weiße Europäer als geringere Gefahr für die öffentliche Sicherheit auf dem Platz angesehen, als die tausenden Chinesen, die entweder als Wanderarbeiter in die Stadt kommen oder die sich eine Pekingreise vom Munde abgespart haben? Warum werden Leute, im besonderen Wanderarbeiter, die meistens nicht viel mehr als die Kleidung, die sie an ihrem Körper trugen dabei hatten, unter einen Generalverdacht gestellt und wir als Westler für … hm.. ich weiß nicht, für was wir gehalten werden. Aber diese Unterscheidung oder halt einfach die bevorzugende Haltung, mit der unsereinem hier oft
begegnet wird, ist zwar im ersten Moment angenehm und man fühlt sich willkommen. Aber wir sind nicht besser als irgendjemand hier, nur, weil wir aus Europa kommen. Und verdienen eigentlich auch keinerlei bevorzugte Behandlung. Ohne diese bevorzugte Behandlung wäre in China vieles sicher etwas komplizierter oder unangenehmer, aber gerechter wäre das meiner Ansicht nach in jedem Fall. Im Zuge der verschärften Sicherheitsvorkehrungen an diesem geschichtsträchtigen und für viele sicher auch traumatisierenden Ort stehen jetzt rund um den Mast der Nationalflagge auch einige Feuerlöscher, nachdem es dort vermehrt Selbstverbrennungen gegeben (als ich im August 2011 hier war, standen da noch keine). Und erst vor kurzem wurden die mutmaßlichen Drahtzieher eines Anschlages auf dem Tian'anmen, bei welchem ein Geländewagen Menschenmenge gefahren war und dann Feuer fing, hingerichtet. Die eigentlich friedliche Atmosphäre auf dem Platz ist also offensichtlich trügerisch, was durch die um den Platz patrouillierenden Einheiten, die auf dem Platz verteilten Polizeiwagen, die gut erkenntlichen Zivileinheiten, Kameraüberwachung und natürlich die Einlasskontrollen bestätigt wird. Das Erlebnis auf dem Platz zu stehen, die Leute zu beobachten und sich von den gigantischen Ausmaßen des gesamten Areals und seiner Gebäude einnehmen zu lassen, sollte man trotzdem nicht verpassen. Wem langweilig wird, der kann sich auch ein paar Parolen oder Landschaftsaufnahmen auf einem der zwei riesigen Bildschirme ansehen

















Vegetarisch in China

Nachdem wir uns satt gesehen hatten, machte sich unser weitaus weniger satte Bauch bemerkbar, weswegen wir uns entschieden, ein vegetarisches Restaurant ganz in der Nähe aufzusuchen, zu dem wir an unserem ersten Tag in Peking schon einen Wegweiser gesehen hatten. Dazu mussten wir auf der Wangfujing nach Norden laufen und irgendwann links in eine kleine Seitenstraße abbiegen. Der ganze Protz, Kommerz und Überfluss fand dort ein jähes Ende, wofür auch die dortige öffentliche Toilette wieder mal ein untrügliches Zeichen war. Ein paar Meter weiter kamen dann am Restaurant an. Durch eine Schiebetür ging es vorbei an einem kleinen Schalter, wo wir freundlich begrüßt wurden, dann ein paar Stufen hinunter in einen größeren Raum mit zwei Stockwerken. Das Licht war gedämpft, die Atmosphäre ungewöhnlich ruhig, also für chinesische Begriffe, langweilig, für uns Langnasen aber Balsam für die reizüberflutete Seele :-P Wir wurden sogleich an einen der Tische gebeten und machten uns ans Bestellen, während in dem durch einen Kettenvorhang
Idyllisch
abgetrennten Verkaufsbereich für buddhistische Artikel ein Mönch einen Text leise vor sich hin rezitierte. Als Vegetarier gingen uns dreien die Augen über von den Speisen, die sich auf der Karte darboten. Neben klassischen chinesischen vegetarischen Gemüsegerichten, gab es auch eine Unmenge an Gerichten, die eigentlich aus Fleisch bestehen, aber hier komplett vegetarisch zubereitet waren, also Fake-Wurst, Fake-Pekingente, Fake-Fisch, etc. pp. Schon allein von den Bildern lief uns das Wasser im Munde zusammen. Die Preise waren für chinesische Verhältnisse zwar eher hoch, aber für derartiges Essen würde man in Deutschland vermutlich ein Vielfaches bezahlen, geschweige denn, dass es sowas dort überhaupt gibt. Wir entschieden uns für ein
Lecker 1
Wokgericht bestehend aus Pilzen, Tofu, Wurst, Schinken, Reiskuchen, dazu vegetarische Pekingente, ein weiteres Tofugericht, einen Spinatkuchen und natürlich Reis. Zu trinken gab es lecker lecker frisch gemachten Melonensaft (warum es das nicht in Deutschland gibt – ein Rätsel …). Was uns neben der Einrichtung, der beruhigenden Atmosphäre und der grandiosen Speisenauswahl noch sehr berührte, waren die unglaublich freundlichen und irgendwie sanften Kellnerinnen und Kellner. Nicht, dass die Bedienungen in anderen Restaurants immer
Lecker 2
unfreundlich sind. Aber irgendwie ruppiger (nicht negativ gemeint). Hier aber lächelten sie die ganze Zeit, wirkten kein bisschen gestresst und einfach nur so glücklich, dass ich aus der Begeisterung gar nicht mehr rauskam. Und auf Nachfrage fanden wir heraus, dass alle Angestellten Buddhisten und somit auch Vegetarier waren. Das Essen, was wir dann bald bekamen, zählt bis jetzt zu den besten, was wir in den zwei Wochen hier gegessen haben, und wird wohl insgesamt auch zu den besten zählen. In China oder zumindest in Peking
Lecker 3
vegetarisch zu essen, ist überhaupt kein Problem. Auch, wenn man nicht in eines der vielzähligen vegetarischen Restaurants geht, findet man in jedem noch so kleinen Imbiss was vegetarisches, oft sogar vegan (wenn nicht, sagt man einfach, dass man kein Ei will oder dass man etwas nicht in Fleischfett zubereitet haben möchte). Schon in Deutschland habe ich nie verstanden, wenn Leute mir erzählt haben,
Und ganz niedlicher Reis
dass es in China so schwierig sei, vegetarisch zu leben. Das ist schlicht und ergreifend falsch und stimmt sicher nur für den Fall, wenn man wenig über chinesisches Essen weiß oder der Sprache nicht mächtig ist, um sich zu informieren.



'Essen' als Event..

Als Kontrastprogramm dazu liefen wir dann am südlichen Ende der Wangfujing dann noch durch eine 'Food-Street'. Ich war da schonmal. Und schon damals war es sosolala. Es ist eng, laut, dreckig, riecht nach allem möglichen Essen und und und. Richtig touristisch halt, aber eher an den chinesischen Geschmack angepasst. Verkauft wird alles: Skorpione, die lebend aufgespießt werden, Seesterne am Stock, ganze gebratene Vögel am Stock, chemischer Süßkram, auch relativ normale Sachen wie Nussfladen oder Grillspieße. Ich persönliche fand die Qualität des auf solchen Food-Street angebotenen Essens schon immer schrecklich. Es schmeckt meistens nach nichts oder nur Chemie, es riecht widerlich und ist überteuert. Von den teilweise noch lebenden Tieren, die auf Spieße gesteckt werden wie Obst ganz zu schweigen. Da muss ich nicht nochmal hin.



SIM-Karte die 2.

Am Abend trafen wir uns dann wieder mit Jindi, wir mussten noch ein paar Sachen einkaufen, besonders Stefan benötigte einen neuen Koffer. Wir gingen gemeinsam nach 西单 xīdān, ein Handels- und Kommerzzentrum mit viele chinesischen und westlichen Kaufhäusern. Stefan ging dann mit Jindi auf Koffersuche, ich schaute mit Thomas nach ein paar Hosen und Schuhen. Wir hatten abgemacht, uns irgendwann anzurufen, um dann gemeinsam zu Abend zu essen. Irgendwann trafen wir uns aber zufällig wieder und Stefan meinte, dass er weder Thomas noch mich auf dem Handy erreichen könne. Jedesmal wurde ihm gesagt, dass unsere Nummern „not in service“ seien. Wir beide versuchten dann, Stefan anzurufen, was wie zu erwarten war auch nicht funktionierte. Wir bekamen dann vin unserem Anbieter eine SMS, dass unser Guthaben aufgebraucht sei. Stefan hatte auch nur noch weniger als 10 Yuan zur Verfügung. Hatten wir nicht erst vor einer guten Woche am Flughafen 250 Yuan für die Karte bezahlt? Hatte uns die Dame mit Namensschild von ChinaMobile, die neben einem SIMkartenautomaten stand, gesagt, wir könnten mit der Karte jetzt für drei Monate arbeiten? Hatte sie nicht noch eine Kollegin mit dem selben Namensschild hinzugeholt? Es wirkte zwar schon etwas provisorisch, aber dennoch nicht falsch.. Da wir eh in einem Kaufhaus waren, ging Jindi mit uns zu einem ChinaMobile-Laden und wir fragten nach. Die junge Dame meinte mit verstörtem Blick, dass man für eine ChinaMobile-Karte niemals im Leben 250 Yuan zahlen müsste... offensichtlich waren wir also am Flughafen übers Ohr gehauen worden, die beiden hatten sich wohl die SIM-Karten gekauft und dann am Flughafen an Ahnungslose wie uns, aber auch Chinesen für Mondpreise weiterverkauft. Gut, es waren „nur“ 250 Yuan, auch kein Vermögen nach deutschen Maßstäben, aber wenn ich daran denke, dass eine gefüllte Dampfnudel (auf Chinesische 包子 bāozi) 1 Yuan kostet und wir für 250 Yuan so viel hätten essen können … egal. Ein Glück war die liebe Jindi wieder mit dabei und konnte uns beim Kauf von neuen SIM-Karten helfen und übersetzen. Die ganze Prozedur nahm für uns zwar etwas Zeit in Anspruch, aber immerhin zahlen wir jetzt alle einen vernünftigen Preis und kriegen dafür auch was. Im Nachhinein erklärt sich auch, dass die zwei Frauen am Flughafen wohl eine der Nummern auf den Visitenkarten, die oft einfach auf die Straße geworfen werden (als bewusste Werbung) und dort Dienste anbieten wie das Fälschen von Stempeln, Ausweisen, Quittungen, Kennzeichen und eben Namensschildern, angerufen hatten.

Danke, Jindi :*



Mittwoch, 03.09.2014



Registrierung an der Uni

Zu nachtschlafender Zeit, also 6:45 Uhr verließ uns Stefan. Er machte sich auf den Weg nach 济南 jìnán an die 山东大学 shāndōng dàxué, die Uni, an der er das nächste Jahr verbringen wird. Eigentlich sehr sehr schade, dass er gegangen ist. Die erste Woche mit uns Dreien oder zeitweise Vieren war sehr schön und vor allem lustig gewesen.

Bist jederzeit gerne wieder in Peking willkommen, Stefan! Nohohohohohohohoh ;-)

Nach dem Frühstück gönnten Thomas und ich uns den Luxus, mit dem Taxi auf die andere Seite der verbotenen Stadt zur Renmin Universität zu fahren, schwer bepackt und der Dinge harrend, die noch auf uns zukommen würden.

Die Anmeldung fand in einem großen Hörsaal statt, wo, als wir dann um 14:30 Uhr ankamen (für den Anmeldezeitraum von 9 bis 11:30 Uhr waren wir zu spät gewesen), schon eine längere Schlange vorfanden. Unter den neuen Studenten waren auffallend viele Koreaner und auch die studentischen Hilfskräfte in ihren rosa T-Shirts waren allesamt Koreaner. Das mag den Grund haben, dass der Großteil der koreanischen Studenten in China natürlich Koreanisch spricht und auch meistens schon sehr gut Chinesisch (geographische Nähe, gemeinsame sprachliche Vergangenheit usw.), jedoch wirklich kein Wort Englisch. So kommunizierten wir mit den koreanischen Ansprechpartner der Renmin Uni ebenfalls auf Chinesisch, falls wir was wissen wollten. Die Anmeldung an sich bei den chinesischen Mitarbeitern und Studenten verlief dann an 4 Stationen, wo wir mitgebrachte Dokumente einreichen mussten, neue Zettel in die Hand gedrückt bekamen, uns viele Sachen merken mussten, Dinge gesagt bekamen, die wir noch zu erledigen hätten und so weiter. Es wirkte etwas unorganisiert. Aber ein anderer Austauschstudent treffend bemerkte ist das ja in China oft so: alles wirkt total organisiert, bis man feststellt, dass es überhaupt nicht organisiert sein kann. Aber am Ende denkt man dann doch wieder: war doch schon irgendwie gut organisiert. Zumindest manchmal ;-)

Nachdem wir für diesen Tag den organisatorischen Kram durch hatten, schauten wir uns ein bisschen in der Umgebung außerhalb des Campus der Renmin Uni um, Thomas kaufte sich ein Paar Nike Air, die er schon immer haben wollte und ich ein paar Badmintonschuhe (ein Grund, warum China so toll ist: prima Sportarten wie Badminton und Tischtennis kommen hier live im Fernsehen, über Fußball wird mal
10 Mal Badminton
am Rande berichtet. Und die 世纪馆 shìjìguǎn, die riesige Jahrhundertsporthalle auf dem Campus bietet Platz für zehn Badmintonfelder nebeneinander... Wie im Himmel :-D). Im Untergeschoss des Kaufhauses aßen wir dann noch zu Abend. Auf einer Karte konnte man sich aus allen möglichen Gemüse und Fleischsorten, Tofu und Reiskuchen auswählen, so viel man wollte. Das alles wurde dann zusammen mit der gewünschten Schärfestufe (1 Chilli – 5 Chili) im Wok gebraten und serviert. Einfach aber total lecker und vielfältig.



Leute kennenlernen mal anders

Spät am Abend, so kurz vor zwölf, bekamen wir dann nochmal Hunger und entschieden uns, fix in den 24-Stunden Supermarkt am Osttor des Campus zu gehen. Wir kamen jedoch nicht weit, denn nur ein paar Meter von unseren Wohnheimgebäude entfernt sahen wir einen jungen Mann ausgebreitet auf dem Gehweg liegen. Von weitem sah er aus, als würde er schlafen. Naja, das tat er nicht. Ehrlich gesagt sah er aus wie tot. Bei näherer Betrachtung fiel uns der Speichel auf, der aus seinem Mund die linke Wange hinunterlief. Wir gingen näher zu ihm, fragten ihn, ob er Hilfe bräuchte, berührten ihn leicht am Arm, worauf er sich aufrichtete und erstmal da saß, immerhin. Ich hatte ihn erst auf Englisch angesprochen, was er nicht verstanden hatte, weswegen ich dann zu Chinesische gewechselt bin. Er antwortete dann auch, und sagt, dass er zu viel getrunken habe. Ein Umstand, der seiner Erklärung eigentlich nicht bedurft hätte. Ein Mann, der die ganze Zeit etwas abseits stand und auf seinem Handy rumwischte kam dazu und sagte ebenfalls, dass er wohl zu viel getrunken hätte und sie ihn aus der Bar nebenan gebracht hätten. Gemeinsam fragten wir ihn dann, wo er denn wohne. Als wir das auch aus ihm rausbekommen hatten, nachdem er mehrfach versichert hatte, dass er alleine nach Hause kommen würde fragten wir ihn noch, ob er denn die Handynummer seines Zimmergenossen hätte. Hatte er, woraufhin der andere Mann mit dem Handy diesen anrief und ihn bat, seinen koreanischen betrunkenen Freund reinzuholen. Währendessen entschuldigte sich der betrunkene Koreaner noch die ganze Zeit, wobei er uns sehr nah kam, was ohne die Sabber an seinem Mund nicht so schlimm gewesen wäre :-P Aber er war ja ganz friedlich. Und wurde dann auch abgeholt. Zwischendurch war aus dem Cafe und der Bar nebenan (da hatte unser koreanische Freund auch einen über den Durst getrunken) noch Merle gekommen, die wir in den Tagen wo sie hier war jeden Tag bestimmt zweimal zufällig getroffen hatten. Sie ging dann aber auch bald ins Bett und der Mann mit dem Handy stellte sich uns als Steven vor. Er lobte tausendmal mein Chinesisch, was mir wie immer irgendwie nicht so angenehm war, da ich es selber für durchaus sehr verbesserungswürdig halte, erzählte mit uns über das Fremdsprachenlernen und fragte uns, was wir an der Uni machen. Dann erzählte Steven noch ein wenig von sich, dass er Japanisch spricht, lange in den USA gelebt hat und einen Master gemacht hat (habe gerade vergessen in was) und jetzt wieder auf dem Campus der Renmin Uni lebt und einen Job sucht. Wir tauschten noch unsere Kontaktdaten aus und Thomas und ich gingen dann sicher ne Stunde später als geplant noch einkaufen. Aber war ja zum Glück ein 24-Stunden-Laden.



Donnerstag bis Sonntag

Diese 4 Tage fasse ich jetzt mal kürzer zusammen, da für euch vielleicht nicht so viel aufregendes passiert ist und der Eintrag ja jetzt schon arg lang ist :-P



Donnerstag, mit Merle und Simon Jiaozi essen und Andenken kaufen, 04.09.2014

Am Donnertstagmorgen sind wir um 9 Uhr zur Bank of China gegangen, um ein chinesisches Konto zu eröffnen, welches wir benötigen, weil dorthin das Geld, was wir von chinesischer Seite bekommen, überwiesen wird. Das war nicht sonderlich schwer, konnten wir das doch auf Englisch tun. Das universitäre Hochhaus mit der der eigenen Bankfiliale befand sich ebenfalls auf dem Campus. Zum Eröffnen des Kontos mussten wir nur ein paar Felder auf einem Formular ausfüllen und dann ein bisschen warten und schon hatten wir unsere erste chinesische Geldkarte. Der nächste Schritt auf dem Weg zum echten Pekinger wäre also geschafft ;-)

Wie in diesen Wochen so oft verspürten wir dann im Land des Tees den Drang nach Kaffee, selbst Thomas, der in Deutschland nur Tee trinkt. Wir gingen also in das Café, aus welchem am Abend zuvor der Koreaner gestolpert sein musste, setzen uns und bestellten. Wenig später bekamen wir dann noch Besuch. Dreimal dürft ihr raten von wem. Genau, wieder von der lieben Merle :-) Sie setzte sich dann zu uns, bestellte den allseits beliebten Melonensaft und wir quatschten ein bisschen. Sie erzählte uns von einem anderen Deutschen, den sie hier kennengelernt hatte und der auch an der Weltsinologenkonferenz teilnahm. Und wie es der Zufall so wollte, spazierte er, Simon, dann auch noch in das Café, setzte sich zu uns, bestellte sich was, und wir quatschten zu dritt weiter. Da wir alle vier bald hungrig wurden, schlug Merle vor, in ein Jiaozi-Restaurant (das waren die gefüllten Teigtaschen) zu Mittag zu essen. Sie war dort schon mehrere Male gewesen und hatte sich nach einigen Gesprächen mit den Betreibern schließlich ihre ganz eigenen, veganen (ja, vegan in China geht auch!) Jiaozi zusammenstellen lassen. Die waren zwar mit Fenchel, den ich eigentlich nicht so mag, aber sie schmeckten doch wirklich sehr gut! Natürlich hatten wir noch ein paar andere Sorten bestellt, die dann zum Beispiel mit Weißkohl und 油条 yóutiáo, klein geschnittenes, langes Fettgebäck, dass es normalerweise zum Frühstück gibt, beinhalteten. Danke für den Tipp, Merle. Da gehen wir garantiert wieder hin!

Um 14:30 Uhr dreißig trafen wir uns dann mit Anna zum Fotos machen für unsere E-Cards, die hier auf dem Campus in vielen Geschäften und Restaurants als Zahlungsmittel fungieren. Im unklimatisierten Internetgebäude der Uni standen wir dann ne dreiviertel Stunde an, ließen die wunderschönen (nein) Fotos machen und verließen diese Sauna so schnell wie möglich wieder. Vorbei an den geschätzten 100 anderen Studenten, die noch etwas länger warten mussten... Hoffen wir, dass es alle geschafft haben :-D

Wir gingen dann zurück ins Wohnheim, schalteten die Waschmaschine an und suchten in der Zwischenzeit den Andenkenladen, wo man alle möglichen Dinge mit dem Logo der renda kaufen kann. Sowas finden wir toll :-) Gleich mal ne Strickjacke mit dem Emblem der Renda mitgenommen. Denn der Winter wird …. kalt....



Freitag, Tag des Gesundheitstests, 05.09.2014

Am Freitag erwartete uns drei und gefühlt alle anderen Auslandsstudenten aller Unis in Peking der obligatorische Gesundheitstest...

Dazu wurden wir ab 12:45 in mehreren Bussen zu einem bestimmt 10km entfernten Gesundheitskomplex gefahren. Im Bus füllten wir alle noch ein Formular aus und versuchten dann so viele Leute wie möglich zu überholen, wohl wissend, dass die Schlange eine lange sein würde. Ein paar Leute hatten wir dann auch überholt, was nichts an der Tatsache ändern sollte, das wir zunächst eine Stunde in praller Mittagssonne draußen warten mussten. Die Schlange zog sich nämlich von den 4 Anmeldeschaltern im Inneren des Gebäudes einige 10 Meter nach draußen. Als wir uns schon darauf freuten, endlich drinnen warten zu können, konnten wir die Menschenmeassen im Inneren jedoch schon erkennen und alle Freude war wieder dahin. Bei der Anmeldung in der Uni am Mittwoch hatten sie mir auch gesagt wir sollten vor dem Gesundheitstest am Freitag nichts essen. Das hatten wir getan, was die insgesamt ca. 3 Stunden Warten zusätzlich erschwerte. Nachdem wir dann so Viertel nach vier unglaublicherweise doch noch drankamen, ging dann alles recht schnell: Formular abgeben, 400 Yuan bezahlen und dann von einem Raum zum nächsten Hetzen. Das ganze war eine ziemliche Massenabfertigung, was bei der Masse an Leuten anders sicher auch nicht zu schaffen gewesen wäre. So ließen wir uns Blut abnehmen, Unsere Lungen röntgen, wurden ans EKG angeschlossen, machten einen Sehstärke- und Farbsehvermögenstest, ließen uns messen und wiegen und unseren Blutdruck messen. Das alles lief in nicht mehr als 10 Minuten ab und erweckte einen sehr ungenauen Eindruck. Schnell schnell, rein raus, fertig, ok le. Aber Gott sei dank, das Warten hatte ein Ende!! Wir nahmen uns ein Taxi zurück zur Uni, weil wir nicht auf die anderen warten wollten und gingen am Abend noch was essen, die erste Mahlzeit am Tag.



Samstag, Unspannend aber teuer, 06.09.2014

Ich fuhr mit Thomas mit der U-Bahn zum Decathlon, ein großes Sportgeschäft im Norden der Stadt, weil wir noch ein paar luftige kurze Hosen brauchten und ich nach einem Badmintonschläger schauen wollte. Beides fanden wir in dem Laden. Zum Mittagesen hatte Thomas Lust auf Pizza und so gingen wir zu Papa John's, was wir besser hätten lassen sollen. Dort kostete wahrscheinlich keine Pizza weniger als 50 Yuan. .. Thomas bestellte eine für 78, ich eine kleiner für 65. Etwa eine halbe Stunde später kam dann auch schon meine Pizza, die zwar satt machte, aber für das Geld und für im Vergleich mit anderem chinesischen Essen für den gleichen Preis lächerlich wenig war. Als ich mit Essen fertig war, war Thomas' Pizza immer noch nicht da. Irgendwann wurde es uns zu bunt und ich fragte die Bedienung, was los sei und dass sie sich bitte beeilen sollen. Eine Forderung, die bei einem fast vollständig leeren Laden und ungelogen sieben anwesenden Angestellten sicher nicht übertrieben ist. Auf Nachfrage wurde uns dann versichert, dass die Pizza bald kommen würde. Dann dauerte es nochmal zehn Minuten. Das war uns dann zu viel. Wir sagten, dass dir die andere Pizza nicht mehr wollten, bezahlten meine und gingen. So schnell wird es uns sicher nicht mehr zu Papa John's oder westlichen Fastfoodketten verschlagen. Auf dem Heimweg kaufte sich Thomas noch zwei Baozi, die gefüllten Dampfnudeln oder Hefebrötchen, wie man will. Eins für 1 Yuan. Man bedenke, wie viele Leute man mit Baozi für den Preis einer lumpigen Pizza von Papa John's hätte sättigen können …



Sonntag, Wiedersehen mit unserer geliebten Frau Drinhausen :-) , 07.09.2014

Für den Sonntag hatten wir uns schon am Abend zuvor mit unserer Chinesischlehrerin der ersten zwei Semester, Frau Drinhausen, verabredet. Genau wie Merle Schatz war sie im Rahmen eines Austauschprogramms der Leipziger Sinologie und der Renmin Uni (Partnerunis) nach Peking gekommen und wird hier die nächsten drei Wochen verbringen.

Anna, Thomas und ich gingen mit ihr in einem der Restaurants auf dem Campus, die gutes Essen zu wie immer guten Preisen anbieten, tranken in einem Café auf dem Campus noch einen Kaffee und machten einen kleinen Spaziergang in einem nahegelegenen
Mit dem Schriftzeichen 拆
für den Abriss markiertes altes Haus
Hutong. Frau Drinhausen ging dann zurück in ihr Zimmer, und wir setzten uns noch einmal in das Cafe, um unsere Blogs zu schreiben. Anna versuchte, ein Betriebssystem herunterzuladen, da ihr PC kaputt gegangen war (ihr handy war auch ins Klo gefallen, geht aber inzwischen wieder :-P Hat dann leider nicht geklappt, weil es die falsche Datei war. Wir schrieben dann noch so weiter, bis wir vier uns halb sieben mit Frau Drinhausen trafen, um gemeinsam zur U-Bahn-Haltestelle zu fahren, wo wir ihre Tochter Katja und deren Freund Jonas treffen wollten.

Katja und Jonas wohnen schon seit sieben Jahren in Peking, können also schon als Einheimische durchgehen. Einheimisch ist auch Katjas Chinesisch. Sie hat Sinologie studiert, zwar nie einen Abschluss gemacht, aber eben wie gesagt viel viel Zeit in Peking verbracht (und ist in Taiwan in den Kindergarten gegangen) und auch schon einen Club geleitet. Mittlerweile arbeiten sie und Jonas bei einer politischen Stiftung. Katja ist dort dafür zuständig, die lokalen Medien zu durchforsten und regelmäßig Berichte zu verfassen über die gegenwärtige politische Situation in China. Wieder ein neues Berufsfeld für uns :-)

Wir gingen zusammen essen und unternahmen dann noch einen ausgedehnten Spaziergang an den 4 Seen, 后海,前海,北海 und 西海. Dort hatte zeigte uns Katja auch das Gebäude in dem sich früher der Club befand, den sie leitete. Unser Spaziergang führte uns dann wieder bis zum Houhai, an dem wir am Anfang schon mit Liu Tong gewesen waren. Da war es wieder richtig laut, voll und lebhaft. Aber eigentlich eine ganz schöne und entspannte Atmosphäre. Wir gingen dann aber noch ein Stück weiter und kamen in das, wie Katja es nannte, Plagwitz Pekings, das Hipsterviertel sozusagen. Eine lange Straße, die durch ein Hutong führte, sehr sehr ruhig war und mit kleinen Läden junger chinesischer Designer und alternativen Bars gespickt war. Schon irgendwie eine andere Welt, aber sehr angenehm. Die jungen Leute da verhielten sich ganz anders, als es viele junge Chinesen in anderen Stadteilen tun. Irgendwie extrovertierte oder auch westlicher, wenn man es in diesen Kategorien sagen möchte. Auch der Kleidungs- und Frisurenstil erzählte davon. Wir setzen uns schließlich auf die Dachterasse eine kleinen Bar bestellten uns was zu trinken und erzählten eine ganze Weile. Katja konnte uns viele Tipps geben für unseren Aufenthalt in Peking, uns Apps zeigen, die wir uns besser zulegen und sie wird uns auch eine Restaurantliste zukommen lassen. Besonders viel wissen wollten wir natürlich über das wohl berühmteste (ungerechtfertigterweise, es gibt sonst noch so viel tolles!) an Peking: den Smog. Im Folgenden noch kurz ein bisschen was zum Smog an sich. Vieles wissen wir jetzt dank Katja und Jonas :-)



Während wir so auf der Dachterasse saßen, viel uns auf, wie der Wind stärker wurde und wir langsam mehr und mehr Sterne und vorbeiziehende Wolken sehen konnten. Auch unsere App, die uns immer die aktuellen Feinstaubwerte in Peking und China anzeigt (Link siehe rechte Spalte), machte es deutlich: Die Luft wurde besser. Dachten wir anfangs noch, dass Regen das beste Mittel gegen Smog sei, so wissen nun, dass der Wind noch besser wirkt, fast wie so ein Laubbläser, bloß viel sinnvoller. Als wir am Sonntag aufgestanden waren, lag der Feinstaubwert bei ca. 240 pm2.5, im Laufe des Tages stieg er noch auf 257 pm2.5. Davon erzählten wir Katja und Jonas. Sie meinten jedoch zu unserem großen Schock, dass dies eher normal sei und im Vergleich zum Winter, wo es schon traurige Spitzenwerte von 800, in Worten achthundert, pm2.5 gegeben hatte. Dies sei der Grund gewesen, warum sie sich für ihr zu Hause einen teuren Schweizer Luftfilter geholt hätten, der 99% der Luft reinigen würde. Zudem sei es nicht nützlich, bei solchen Feinstaubwerten das Fenster permanent geschlossen zu halten. Zwar würde dann etwas weniger Feinstaub hereinkommen (aber immer noch genug, denn hey, es ist FEINstaub), aber der Sauerstoff im Raum würde auch sehr bald aufgebraucht sein, was auch nicht viel besser ist. Große gesundheitliche Probleme haben sie bis jetzt nicht festgestellt, wenngleich Katja meinte, dass hohe Feinstaubwerte einem Tag Kette rauchen gleichkommen. Langzeitschäden sind also keineswegs auszuschließen.

Uns schockt es jetzt schon, wenn wir morgens aufwachen, aus dem Fenster schauen, und es draußen einfach ungesund aussieht (umso schöner, wenn wie heute früh (08.09.) der Himmel strahlend blau ist!). Das, was wohl am schlimmsten sein soll, wie Jonas meint, ist der Einfluss aufs Gemüt, wenn eine Woche lang alles von einem Grauschleier bedeckt ist und man sich besser nicht draußen aufhalten sollte. Das einzig gute am Smog, wie ich finde: die Sonne knallt weitaus weniger



Blick aus Wohneheim, 03.09., 30-50 pm2.5

Blick aus Wohnheim, 06.09., 190-205 pm2.5

Blick aus Wohnheim, 07.09., 246 pm2.5





So, das war es jetzt erstmal. Heute, am Montag, 08.09., ist in China übrigens Mid-Autumn-Festival, oder auch 中秋节 zhōngqiūjié. Man betrachtet den Vollmond und denkt dabie an die Lieben in der Ferne, die zur gleichen Zeit in den gleichen Mond schauen. Eine schöne Vorstellung, oder?

Der Tage heute ist maßgeblich fürs Schreiben draufgegangen. Jetzt noch alles fix auf Blogger (haha, fix, der war gut) und dann gibt es Abendbrot. Ab morgen geht hoffentlich mein Internet im Wohnheim, dann kann wer will endlich mal mit mir skypen.



Bis dahin und 中秋节快乐!



Euer Philipp




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