Wieder sind
einige Tage ins Land gegangen und ich melde mich mit einem neuen
Eintrag aus Peking zurück.. In den vergangenen Tagen haben wir uns
hier vermehrt in der und um die Uni aufgehalten, um verschiedene
uni-relevante Dinge zu erledigen und um uns einfach auch mal
auszuruhen. Den ganzen Tag Power-Sightseeing und U-Bahn-Hopping
strengt nämlich auch an (jaja, wir haben es schon nicht leicht)
Dienstag, 09.09.2014
Heute sollte nun
der Tag sein, an dem wir (Thomas und ich) zum International Students
Office gehen und nach Einzelzimmern fragen durften. Kalt geduscht
(Duschzeiten mit warmen Wasser von 6-9, 11-13, 17-1 in der Nacht, und
an diesem Morgen war es leider schon zu spät … oder es gab einfach
so kein warmes Wasser, ich kann mich gerade nicht erinnern)
erreichten wir das Office und das betreffende daneben liegende
zuständige Zimmer, in welchem uns auf die Frage nach Einzelzimmern
entgegnet wurde, dass es keine mehr gibt, was natürlich weniger
unser Gefallen fand. Es wurde uns aber angeboten, dass wir jeder ein
Doppelzimmer mieten könnten, wir müssten dann halt nur die andere
Hälfte des Zimmers selbst bezahlen (die eine Hälfte wird uns ja vom
Stipendium bezahlt). Das wollten wir uns aber nochmal ganz in Ruhe
durch den Kopf gehen lassen..
Später hatten
wir Frau Drinhausen getroffen und uns für 12 Uhr mit ihr verabredet,
um zu einem nahegelegenen Berg namens 香山xiāngshān,
also „duftender Berg“ zu fahren. Nachdem wir drei auf dem Campus
zu Mittag gegessen hatten, trafen wir uns also dann um besagte Zeit
mit ihr und machten uns auf den Weg. Vier U-Bahnstationen und 15
Bushalte später waren wir auch schon am Ziel – wie Frau Drinhausen
später erzählte hätte man früher noch gut 2 Tage für den Weg zum
Berg gebraucht …
Chinesische Grundregel beim Fotografieren: Alles ist Motiv, alles ist Hintergrund, alles ist ein Foto Wert. |
Da es Wochentag
war, stellte sich der Park am Fuße des Berges für chinesische
Verhältnisse fast ausgestorben dar (auf Deutsch würde man sagen:
gut besucht). Umso besser für uns, denn so konnten wir tatsächlich
in aller Ruhe, ohne Gedränge und Lebhaftigkeit (wie langweilig,
würden viele Chinesen denken) den 碧云寺
bìyúnsì, den Tempel der Azurblauen Wolken
(chinesische Namen für Tempel, Pagoden oder Pavillons sind einfach
episch!) besichtigen. Der Bau des Tempels begann im 14. Jahrhundert
in der 元 yuán
Dynastie, und wurde bis
General Heng (oben) und General Ha (rechts) bewachen jeden buddhistischen Tempel und schützen vor Eindringlingen |
ins 19. Jahrhundert hinein von verschiedenen Kaisern fortgesetzt. Im Tempel inbegriffen war auch eine 孙中山 sūnzhōngshān Sun Yat-Sen-Gedächtnishalle. Sun Yat-Sen, in China Sun Zhongshan genannt, war ab 1912 vorübergehender Präsident der neugegründeten Republik China (das chinesische Kaiserreich, das zuvor über 2000 Jahre bestand hatte, war damit nicht mehr existent) und Gründer der Nationalen Volkspartei 国民党 Kuomintang. Als Begründer des modernen China geltend ist er der wahrscheinlich einzige Politiker, der sowohl auf Festlandchina als auch in Taiwan offiziell verehrt wird. Wir schlenderten indes immer noch durch die Tempelanlage, hielten
Pflanztag! |
Ausblick |
Rrrrrrrr! |
Schicksal des Fotografen: Er ist selten auf nem Bild. |
Mama, Papa, Ein-Kind |
Über sieben Brücken |
Diebstahl! |
Giebelschmuck |
Tempelgebäude, die mit gelben Ziegeln gedeckt sind, sind vom Kaiser in Auftrag gegeben worden |
Besucher kaufen Holztafeln oder Bänder, auf die sie Wünsche schreiben, die dann hoffentlich von buddhistischen Gottheiten erhört werden |
Plaudern im Pavillon |
Tempel - einige der wenigen Orte in China ohne Rolltreppen und Fahrstühle |
Für den kleinen Mann hier war der Park wohl eher langweilig. Klar, wenn auch alles verboten ist, was Spaß macht - Schwimmen, Fischen und Skaten |
Auf dem Rückweg entschieden wir uns, einen kurzen Abstecher zur 北京大学 běijīng dàxué, zur Peking-Universität zu machen. Vergleicht man den dortigen Campus mit dem unsrigen, könnte man fast ein bisschen neidisch werden. Aber nur fast. Denn zwar ist der Campus der Beida wesentlich größer als der der Renda und hat zu dem einen großen Park mit See, aber es fühlt sich auch alles weniger familiär und gemütlich an. Dafür sind aber die meisten Gebäude wirklich schick und gut in Schuss, die Straßen breit und es gibt auch einige kleine Ladenstraßen, wie man sie sonst nur im außeruniversitären Stadtbild vermuten würde. In einem Laden kauften wir uns dann was kleines zu Essen für zwischendurch und machten uns auf den Weg zurück nach Hause. Wir ruhten uns dann noch ein bisschen in unseren Zimmern aus und Thomas, Frau Drinhausen und ich gingen noch was zum Abendbrot essen (Anna war schon vom Snack satt). Wir hatten ein Restaurant in der Nähe des Westtores empfohlen bekommen (Küche der westlichsten Provinz Chinas, 新疆 xīnjiāng; traurige Bekanntheit erlangt durch die Konflikte zwischen den muslimischen Uiguren und den angesiedelten Han-Chinesen bzw. der Regierung). Das Restaurant war gut besucht, für wartende Gäste wurden draußen sogar noch einige Tische aufgebaut. So lange wollten wir aber nicht warten und so sauber und lecker sah es in unseren Augen dann doch nicht aus, weswegen wir in das direkt angrenzende Restaurant gingen. Die meisten lecker aussehenden Nudelgerichte waren nicht mehr verfügbar und das was wir dann sonst so bestellten war auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Da gehen wir bestimmt nicht mehr hin ...
Der Cocktail mit
Frau Drinhausen im Café neben unserem Wohnheim hat dann den Abend
doch noch gerettet (naja, so schlimm war das Essen auch wieder nicht
… und so gut der Cocktail auch nicht :-P).
Mittwoch, 10.09.2014
Letzte Woche
wurde uns gesagt, dass wir doch heute nochmal zur Turnhalle gehen
sollten, um nach möglichen Sportkursen zu fragen. Wie sich jedoch
auf Nachfrage in der Jahrhunderthalle (so heißt ja bekanntlich
unsere gigantische Sporthalle mit was weiß ich wie vielen kleinen
Sporthallen und der einen riesigen in der Mitte, die zugleich als
Aula fungiert) herausstellte, konnte man sich dort am Schalter nicht
für so etwas wie Sport-AGs oder dergleichen eintragen. Es gibt aber
für bestimmte Sportarten reservierte Zeiten in der Turnhalle, zu
denen jeder, auch Leute von außerhalb, spielen können. Man muss
dann nur für eine bestimmte Zeit ein Feld mieten und genug Leute
mitbringen, und dann geht es schon los. Da werden wir uns wohl
einfach mal an den Rand stellen und warten bis uns jemand abholt :-P
Nach dem Mittag
gingen wir dann wieder mal zum International Students Office um
mitzuteilen, dass wir jetzt beide ein Doppelzimmer mieten würden.
Dazu mussten wir dann nur die 5580 Yuan bezahlen, auf einmal und in
bar. Wir versprachen der Dame, bis Freitag das Geld zusammen zu haben
und am Freitag wiederzukommen, bis dahin würde sie dann versuchen,
die Zimmer (bzw. das eine, in das ich später einziehen würde,
Thomas ist einfach in dem geblieben, in dem wir vorher zu zweit
gewohnt hatten) freizuhalten.
Danach ging es dann gleich in die, wie
wir alle drei meinen, sehr ansehnliche Bibliothek unserer Uni, um der
Einführungsveranstaltung für alle neuen Auslandsstudenten zu
lauschen und wichtige Infos mitzunehmen. In einem großen Hörsaal
versammelten wir uns mit insgesamt ca. 120 anderen Studenten – und
das war echt nervig: wir beschweren uns ja gern über China, dass
hier immer alles und jeder laut ist, aber dass die meisten der
anwesenden offensichtlich erwachsenen Menschen fast nach jedem Satz,
den die Koordinatoren vom International Office sprachen, in
ausschweifendes Geflüster ausbrachen, was bei 120 Leuten mehr als
störend ist, stand chinesischer Lautstärke in nichts nach und war
zu dem echt unhöflich. Irgendwann sagte dann endlich mal einer aus
den ganz hinteren Reihen, die naturgemäß ja am wenigsten verstehen,
dass die Leute doch einfach die Klappe halten sollen, wenn jemand
anders redet. Dafür gab es komischerweise von fast allen Applaus
(sicher auch von denen, die so redselig waren :-P Was etwas
unangenehm ist, ist, dass wir jetzt noch einige Zeit auf unsere
E-Card warten müssen, mit der Studenten hier Dinge bezahlen können
wie Internet oder Mensa. Die ganz typische chinesische Mensa bleibt
uns also noch ein Stück lang verschlossen.
Um sieben Uhr
trafen wir uns dann wieder mit Frau Drinhausen zum Abendessen. Wir
entschieden uns einstimmig dafür, wieder in das Jiaozi-Restaurant zu
gehen, in welchem wir schon mit Merle gewesen waren (und in dem Merle
auch schon mit Frau Drinhausen war :-D Frau Drinhausen und Anna
bestellten eine Sorte mit Fleisch und dann bestellten wir noch drei
mit vegetarischer Füllung – vermeintlich! Denn was uns schon mal
passiert war, als wir noch mit Stefan um die Häuser gezogen sind,
passierte uns auch wieder hier (die Geschichte hatte ich damals aber
noch nicht erzählt, also gut, dass es jetzt nochmal passiert ist :-P
Die Jiaozi, die wir uns ausgesucht hatten, hießen 素三鲜
sùsānxiān. Das 素
sù heißt einfach 'Gemüse' und das 三
sān bedeutet 'drei'. Soweit alles vegetarisch. Der
Punkt liegt im 鲜
xiān. 鲜Xiān
kommt in mehreren Wörtern vor, alleine heißt es so viel wie
'frisch', aber auch 'Meeresfrüchte'. In Kombination mit 新
xīn wird daraus 新鲜
xīnxiān, was ebenfalls 'frisch' bedeutet. Aber setzt
man ein 海 hǎi,
was 'Meer' bedeutet, davor, so hat man 海鲜
hǎixiān, was die eindeutige Bezeichnung für
'Meeresfrüchte' ist. Im Namen der Sorte Jiaozi, die wir uns nun aber
ausgesucht hatten, fand sich einfach nur das 鲜
xiān, so nahmen wir an, es handle sich einfach um
'drei frische Arten von Gemüse' als Füllung. Das dem nicht so war,
stellte dann Frau Drinhausen fest, als sie in die Runde fragte, ob
das da auf ihrem Stäbchen kleine Shrimps seien. Waren es. Damals,
als Thomas, Stefan und ich das herausgefunden hatten, aßen die
beiden nicht weiter (wir sind alle drei Vegetarier), ich schon. Vor
allem aus dem Grund, da wir die Bedienung vor dem Bestellen lang und
breit ausgefragt hatten, welche Jiaozi denn nun vegetarisch seien
und ob sie die von uns gewählten 素三鲜
sùsānxiān auch braten könnten. Ich hätte es als
unhöflich empfunden, dann den ganzen Teller mit den Jiaozi beinahe
unangerührt stehen zu lassen, Stefan und Thomas stimmten dem zu,
aber fanden sich dennoch in einem größeren Gewissenskonflikt wieder
als ich, und aßen nicht weiter (was ich nicht kritisieren will,
jeder (Vegetarier) kann seine Grenzen und Prioritäten ja selbst
festlegen). Um ins Jiaozi-Restaurant und zu Frau Drinhausen und Anna
zurückzukommen: da wir ja die beiden dabei hatten, war das mit der
Höflichkeit in dem Fall kein Problem (essen beide Fleisch). Und
Thomas und ich bestellten uns einfach noch eine andere vegetarische
Sorte. Was wir daraus lernen können:
- 素三鲜 sùsānxiān ist verdammt nochmal eine Jiaozi-Füllung mit kleinen Shrimps (wenn uns das jetzt noch ein drittes Mal entfällt, wird’s peinlich)
- Vegetarier ist nicht gleich Vegetarier
Merken!
Donnerstag, 11.09.2014
Heute nun der
Tag, an dem das erste Mal offiziell unser Chinesisch auf die Probe
gestellt werden sollte: der Placementtest. Also der Test, anhand
dessen Ergebnis wir einer Niveaustufe und damit Chinesischklasse
zugeteilt werden würden. Kurz vor zwei versammelten sich wieder die
meisten neuen Auslandsstudenten vor einigen Prüfungsräumen.
Zunächst mussten wir auf 4 Seiten unter Beweise stellen, was wir im
Schriftlichen und beim Leseverstehen so drauf haben. Wie zu erwarten,
waren da einige Aufgaben für uns lächerlich leicht, andere dagegen
so schwer, dass mir vor allem bei der letzten Textaufgabe mehr
Spanisch als Chinesisch vorkam (so, wie es also bei solch einem Test
sein soll). Für die mündliche Prüfung wurden wir von einer der
zahlreich anwesenden Lehrerinnen ein wenig ausgefragt und mussten ein
paar kleine Texte verschiedener Niveaustufen vorlesen. Ich hatte
meine mündliche Prüfung bei Frau You, die zuvor ein Jahr im
Konfuzius-Institut Leipzig (wo ich ja auch studentische Hilfskraft
war) als Chinesischlehrerin gearbeitet hat, somit hatte meine Prüfung
einen etwas persönlicheren Touch. Frau You prognostizierte, dass ich
wohl in einen der beiden höheren mittleren Kurse kommen würde.
Abends waren wir
wieder mit Frau Drinhausen in dem Einkaufszentrum gegenüber essen.
Im 风光老灶
fēngguāng lǎozào, also im „großartigen alten
Küchenherd“, gab es diesmal zwei große Schüsseln (eine
vegetarische und eine mit Fleisch) mit allerlei Gemüse, Tofu,
Reiskuchen und viel (für unsere Begriffe) Chilli. Und wieder
erhielten wir einen 30 Yuan Gutschein. Die kennen uns da jetzt auch
schon ganz gut :-)
Freitag, 12.09.2014
Als Thomas und
ich nach ein paar Problemen beim Geldabheben (Kreditkartenlimit,
maximal am Tag abhebbarer Betrag, etc. pp. - für euch sicher
uninteressant) dann schlussendlich doch die 5580 Yuan zusammen
hatten, gingen wir wieder ins International Student Office und
bekamen dann auch jeder ein eigenes Zimmer, das heißt, Thomas blieb
in unserem Zimmer und ich zog einen Stock tiefer. Ich bin jetzt in
dem Stockwerk, wo die ganzen Masterstudenten und auch Doktoranden
wohnen, also ist es bei mir schön ruhig, im Bad gibt es kein
Gedränge und in der Küche steht der Heißwasserspender. Und mein
Boden hat 'n tolles Laminatimitat, sieht aus wie Holz, ist aber
Plaste, aber macht trotzdem alles wohnlicher :-)
Da wir ja schon
beim ISO waren, holten wir auch unsere Gesundheitstests, die nach der
Prozedur letzte Woche nun endlich angekommen waren, ab. Meinen
damaligen Verdacht, dass diese Tests absolut zum Fenster
rausgeworfenes Geld sind (wenn auch notwendigerweise), fand ich darin
bestätigt, dass mir beim Punkt „Farbsehtüchtigkeit“ bestätigt
wurde, dass alles normal sei. Wer mich kennt, weiß, dass ich
farbenblind bin (auf der Ishihara-Tafel habe ich auch was ganz
anderes gesehen, als alle anderen..). Naja … Thomas und ich hatten
dann keine Lust, noch an der Schlange anzustehen, an der man alle
benötigten Dokumente abgeben konnte, um sein 30-Tage X1 Visum in
eine permanente Aufenthaltsgenehmigung umwandeln zu lassen, also wir
entschieden uns dazu, dass am Montag zu machen.
Zum Abend aßen
Anna, Thomas und ich zusammen mit Jindi und 玮璘
wěilín, der zuvor mit Jindi Thomas bei einem
Internetproblem geholfen hatte. Natürlich ließ sich Weilin nicht
lumpen und ging mit uns in eines der teureren und feineren
Restaurants auf dem Campus. Er bestellte natürlich viel zu viel, der
Tisch bog sich. Das Essen war sehr gut, und sehr teuer. Und Thomas
durfte sich das erste Mal um die Rechnung streiten, so, wie es hier
üblich ist. Weil Weilin und Jindi ihm den halben Tag bei seinem
Internetproblem geholfen hatten, wollte er das Essen bezahlen. Weilin
sah es aber als selbstverständlich an, dass er uns als Gäste aus
Deutschland einlädt. Das wollte Thomas aber nicht. So verhandelten
beide schon vor dem Essen und auch dann, als es ans Bezahlen ging.
Sie einigten sich schließlich darauf, sich die Rechnung zu teilen
(da Weilin seinen Doktor macht, erhielt er sogar Rabatt). Das würde
man sonst in China eher selten sehen. Am Ende wird meistens nur eine
Person alles bezahlen, koste es was es wolle. Dabei kann man in
vielen Restaurants ganze Dramen beobachten, es wird viel
argumentiert, jeder versucht, der Bedienung als erstes sein Geld in
die Hand zu drücken und um Gottes Willen lässt man sich von seinen
Gästen kein Geld als Beteiligung an den Essenskosten geben. Ich habe
ohne Witz schon Leute handgreiflich werden sehen, wenn es ums
Bezahlen ging (war zwar im Spaß, aber hallo? Wer lässt sich bei uns
nicht gern einladen :-D Am Ende ist auch das alles ein kleiner Teil
des komplizierten und wichtigen Beziehungsgeflechts in China, auf
Chinesisch 关系guānxī.
Darüber werde ich mich bestimmt nochmal ausführlich äußern.
Wir gingen dann
noch in eine nahegelegene Bar, um mit Jindi für ihr bevorstehendes
Interview in der Bildungsabteilung der deutschen Botschaft zu üben.
Sie möchte nach Deutschland gehen um dort Human Ressource zu
studieren. Dazu hatte sie eine zweiseitige Übersicht mitgebracht,
auf der alle während ihres Studiums der Public Relations in China
belegten Kurse verzeichnet waren, was ganz schön viele waren... Zu
diesen Kursen haben wir ihr dann Fragen gestellt und sie konnte auf
alles sehr ausführlich antworten. Fand ich unglaublich. So viel
Stoff hätte ich glaube ich niemals so ausführlich über die ganzen
Jahre hin im Kopf behalten. Für die Beantwortung der Fragen bei der
deutschen Botschaft haben wir ihr dann noch ein paar Tipps gegeben,
die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Bildungsabteilung ihr
gestattet, nach Deutschland zu gehen. Hoffen wir, dass es was genützt
hat.
Samstag und Sonntag, 13. -
14.09.2014
Am Wochenende
haben wir wieder mal nicht viel gemacht :-) Vorrangig gegessen und
mit einer neuen Freundin, die in Südchina aufgewachsen ist, aber
jetzt in Boston lebt, bei Carrefour gewesen. Dann noch ein bisschen
die Umgebung erkundet, es kam ne Tasche an, die ich übers Internet
bestellt hatte (meine erste chinesische Bestellung übers Netz auf
Chinesisch, und alles hat wunderbar geklappt :-) Samstags habe ich
noch bis um zwei Uhr in der Nacht geskypet, erst mit Mutti und Oma,
dann mit Sabine, dann kurz mit Papa, und dann nochmal mit Anne. Am
Sonntag dann entsprechend lange geschlafen ;-)
Montag, 15.09.2014
Unsere erste Tat
an diesem Tag war, dass wir uns wie vorgenommen anstellten, um alle
Dokumente abzugeben, die notwendig sind, um die permanente
Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Alles lief glatt, bis auf das wir
500 RMB zahlen durften (wovon vorher nie die Rede war) und, was
eigentlich das schlimmste ist, unser Pass erst wieder Mitte Oktober
da ist. Das ganze dauert also einen ganzen Monat. Das wäre nicht
schlimm, wenn nicht in der ersten Oktoberwoche, in der goldenen
Woche, an den Nationalfeiertagen, das ganze Land Ferien hat und ich
ursprünglich geplant hatte, einen chinesischen Freund in Dalian
(östlich von Peking, westlich von Nordkorea) zu besuchen. Ohne Pass
bzw. mit einer Kopie dessen kann man zwar eine Zugfahrtkarte kaufen,
aber nicht in den Zug einsteigen. Auch hier wäre es schön gewesen,
wenn sie uns vorher einfach mal darüber informiert hätten, dass die
Umwandlung des Visums so lange dauert, dann hätten wir die Karte
einfach gleich in den ersten Tagen kaufen können.
Auf diese
Enttäuschung hin gönnten wir uns zwei Teller Jiaozi, um danach
gestärkt die Bücher für unseren Chinesischunterricht kaufen zu
können. Denn die Ergebnisse des Placementtests waren bekanntgegeben
worden und Thomas und ich hatten es in die 中一
zhōngyī geschafft, Anna in die 中二zhōngèr,
also beide in die höheren Kurse der Mittelstufe (wie sich bis jetzt
herausgestellt hat, scheint der einzige Unterschied zu sein, dass
Anna wesentlich weniger Hausaufgaben aufbekommt als wir..). Zu
unserem Unterricht sage ich gleich was am Dienstag.
Anna, Thomas und
ich waren am Nachmittag dann wieder mit Jindi und Yan (aus Boston)
verabredet. Zusammen besuchten wir den 紫竹公园
zǐzhú
gōngyuán, also den Park des Purpurnen (bzw.
schwarzen) Bambus. Der Park war nur zwei Haltestellen von der Uni
entfernt und riesig. Gut zu wissen, dass wir in direkter Nähe einen
solch idyllischen Ort, wo man zwar auch nicht auf dem Rasen liegen
kann, aber doch ganz gut entspannen kann, haben. Man kann betagten
Herrschaften beim
Schachspielen oder Tangotanzen zusehen, mehr oder
weniger schön anzuhörenden Sängern oder Musikern lauschen und
dabei ganz gut den hektischen Moloch drum herum eine Zeit lang
vergessen. Wir schlenderten umher, machten Fotos, staunten über oder
ekelten uns vor riesigen Spinnen, nahmen an einem See Platz und aßen
ganz leckere kleine Backwaren (das klingt komisch :-D , die Jindi für
uns mitgebracht hatte. Alles in allem senkten wir den
Altersdurchschnitt im Park erheblich. Auf dem Heimweg, der uns durch
die Minderheiten-Uni und die Beijing Foreign Language University
führte, wollten wir Yan, die mit Chinesisch
in ihrer Kindheit
aufgewachsen ist, aber eher amerikanisches Englisch auf
muttersprachlichem Niveau spricht, noch ein bisschen Deutsch
beibringen oder ihr zumindest zeigen, wie schwer Deutsch sein kann
(weiß nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind). Mit den Worten
Eichhörnchen und Streichholzschächtelchen klappte das ganz gut.
Jindi, die schon etwas mehr Deutsch kann, schlug sich sehr gut,
wenngleich Yans Versuche weitaus lustiger waren ;-)
Klischee? |
Singstar |
美女!(Yan, Anna, Jindi) |
Ab durch den Lotus |
Entweder man hat ein Auto oder man hat keins. |
Idyllisch |
Jindi und Thomas vor Enten |
Dienstag- Freitag 16.09. -
19-09.2014
Da wir ab heute
jeden Wochentag Unterricht haben, werde ich euch jetzt mal einen
Überblick darüber geben, wie der Unterricht so ausschaut.
Der Unterricht
beginnt jeden Tag um 8 Uhr. Die erste Stunde geht bis 9:30 Uhr, dann
haben wir eine halbe Stunde Pause. Ab 10 Uhr geht es mit der zweiten
Stunde bis 11:30 Uhr weiter. Danach ist für uns dann Schluss. Jeder
Tag besteht also nur aus 2 Stunden a 90 Minuten. Mein Kurs ist in 5
unterschiedliche Einheiten unterteilt, also 5 Schwerpunkte: 精读
jīngdú Intensives Lesen, 阅读
yuèdú Leseverstehen, 写作
xiězuò Schreiben, 听力
tīnglì Hörverstehen und 口语
kǒuyǔ Umgangssprache. Jeden Tag haben wir 2
verschiedene der 5 Schwerpunktkurse, also am Dienstag zum Beispiel
Schreiben und Hörverstehen. Insgesamt haben wir also auch 5
Lehrerinnen. Unsere Intensives-Lesen-Lehrerin ist gleichzeitig so
etwas wie unsere Klassenlehrerin und hört auf den wunderschönen
Namen 白鸽
báigē, Weiße Taube. Mir ist sie auch am
sympathischsten von allen. Unsere Hörverstehens-Lehrerin hat sich
den tollen englischen Namen Barbie gegeben, was kein Witz ist. Wir
dürfen sie im Unterricht auch einfach mit Barbie anreden, wenn wir
das wollen. Und sie will, dass unsere Klasse unser zweites zu Hause
wird, wir können sie immer ansprechen, wenn wir Probleme haben oder
wir einfach mal sprechen wollen. Eines ihrer größten Hobbys ist
绿色旅游 lǜsè
lǚyóu, also so viel wie „grünes Reisen“. Sie hat es so
erklärt, dass sie mit anderen Gleichgesinnten raus geht, Müll
aufsammelt, die Leute ermahnt, mit Rauchen aufzuhören und die Umwelt
nicht zu verschmutzen. Das klingt alles in allem recht verrückt,
aber das finde ich eigentlich sehr cool und ich hätte nicht gedacht,
dass es sowas in China gibt. Und sympathisch ist sie auch sehr, wie
eigentlich alle. Mir ist jedoch aufgefallen, dass sich die Kurse bis
jetzt sehr stark ähneln. Jeder Kurs hat ein eigenes Buch mit
ähnlichen Übungen, und an das Buch wird sich bis jetzt relativ
stark gehalten. Ich sehe bisher wenig Unterschiede in den
Unterrichtsmethoden oder in der Art der Hausaufgaben, die wir
bekommen. Besonders schade ist das bei Umgangssprache, wo wir kaum
frei reden, sondern uns an einzelnen Wendungen aufhalten, Texte
lesen, uns Dialoge ausdenken, aufschreiben und dann vortragen müssen.
Meiner Meinung nach sollte man, wenn es um das Erlernen des Sprechen
im Alltag geht, so wenig wie nötig schreiben und so viel wie möglich
frei und spontan sprechen. Genauso, wie man beim Erlernen des
Schreibens weniger sprechen sollte, sondern eher Texte lesen, um zu
lernen, wie man auf Chinesisch schreibt (Unterschied gesprochene
Sprache <-> Schriftsprache) und dann eben auch selber
schreiben. Und so weiter... Ich hoffe, dass die Kurse im Laufe der
Zeit ihren jeweiligen Bezeichnungen gerechter werden. Und wir lernen
für meine Begriffe viel zu viele neue Vokabeln. Die kann ich zwar
alle gut für Diktate auswendig lernen, werde sie aber danach
höchstwahrscheinlich sehr schnell wieder vergessen. Am besten lernt
man neue Dinge, wenn man einen realen Bezug dazu hat. Das ist bei
Sprachen genauso wie bei Mathe. Ich habe mir eine Liste gemacht, mit
all den Vokabeln, die ich hier so im Alltag lerne, sei es von
Freunden im Gespräch oder wenn ich irgendwo was lese. Die kann ich
alle und ich kann zu jeder Vokabel sagen, wo und in welchem
Zusammenhang ich sie gelernt habe. Und diese Vokabeln werde ich auch
so schnell nicht wieder vergessen. Ganz anders als die, die wir uns
jeden Tag für irgendwelche Diktate reinprügeln müssen.
Außer das der
Unterricht begonnen hat, habe ich in dieser Woche auch endlich Leute
zum Badminton spielen gefunden. Weilin hat mich an einen uniinternen
Badmintonverein vermittelt. Mittwoch war das erste Training in diesem
Semester. Zu meiner Freude war das sogar mit Aufwärmen und allen
möglichen Übungen für verschiedene Schläge. Dabei lernte ich
viele neue Vokabeln wie 热身
rèshēn Aufwärmung, 平球
píngqiú Drive, 杀球
shāqiú Smash, 掉球
diàoqiú Drop oder 双打shuǎngdǎ
Doppel. Nur findet das Training jede Woche von Mittwoch bis Freitag
statt. Jedes Mal zwei Stunden. Es macht viel Spaß, aber ist einfach
auf einem sehr hohen Niveau und nimmt halt auch Zeit in Anspruch. Ich
weiß noch nicht, ob ich bei denen bleibe, denn wie ich schon gesagt
habe, werde ich auch mit den Hausaufgaben genug zu tun haben und ich
will auch nicht unbedingt auf so professionellem Level spielen. Mal
sehen, vielleicht finde ich noch ein paar Freizeitbadmintonspieler.
Am Donnerstag
hatte ich die spontane Idee, dass wir drei doch mal zu METRO
(Großhandel, aus Deutschland bekannt, in China mit vielen
importierten Produkten, wie Schokolade und anderen Leckereien)
fahren könnten. Erstens wollte ich mal wieder vom Campus runter
(hatten die Woche nicht so viel außerhalb unternommen), zweitens
hatte ich nicht unbedingt Lust auf was touristisches und drittens
wollten wir alle eh gerne zu METRO. Wir sind dann mit dem Bus
hingefahren. Eine Mitgliederkarte konnten wir nicht mehr beantragen,
das geht warum auch immer nur vor 17 Uhr. Mit einem kleinen Zettel,
der als Ersatzkarte fungierte, konnten wir uns dann aber doch
aufmachen ins Land der Glückseligkeit. Westliche Süßigkeiten
schmecken einfach besser als chinesische. Und wir haben bei der
Gelegenheit gleich geschaut, was man sich kaufen kann, um im Wohnheim
auch mal nicht-chinesisch zu kochen (nicht-chinesisch Essen gehen ist
einfach sehr teuer und meistens weniger lecker), bräuchten wir dann
nur noch n Kühlschrank und ne Kochplatte. Das sind sicher unsere
nächsten Anschaffungen. Denn chinesisches Essen ist zwar echt lecker
und sehr vielfältig, vermutlich mehr, als deutsches. Aber irgendwann
hat man doch auch mal wieder Lust auf anderen Geschmack oder auf
bekanntes und geliebtes. Ich finde das nicht schlimm. In Deutschland
esse ich ja auch nicht die ganze Zeit deutsch oder westlich. Und das
Selberkochen fehlt mir auch einfach sehr. Als wir unseren Einkauf
beendet hatten (wir drei insgesamt 700 Yuan …), entschieden wir uns
noch spontan dazu, ins „deutsche Restaurant“ nebenan zu gehen.
Uhland hieß diese Lokalität. Die Bedienungen liefen entweder im
Dirndl rum oder im Deutschlandtrikot (allerdings nur mit drei
Sternen, da haben sie wohl was verpasst). Die Atmosphäre war düster,
denn das Licht war gedämmt, die Möbel schwer und dunkel. Im
Fernseher lief die „Strongmen Championship 2014“. Die Auswahl an
Gerichten war natürlich sehr fleischlastig (und es gab auch einige
chinesische Gerichte, sogar eine extra Karte für die, die zwar in
ein deutsches Restaurant gehen, aber nichts deutsches probieren
wollen) und das, weswegen wahrscheinlich die meisten Chinesen da
hinkommen, war wohl die Schweinshaxe für umgerechnet mehr als 20
Euro. In Ermangelung vegetarischer Gerichte entschieden sich Thomas
und ich für die Penne mit Tomatensoße (also deutscher geht es ja
wohl kaum) und Anna für Currywurst mit Pommes. Es fehlte Salz und
war für die Größe der Portionen zu teuer. Interessant aber wieder
zu sehen, wie gerne sich Chinesen in deutschen Restaurants betrinken,
was ja hier ja sonst eher selten in aller Öffentlichkeit zu sehen
ist, und wenn, dann nicht mit Bier, sondern mit Schnaps. Zwei Herren
an einem Tisch in unserer Nähe hatten schon fertig gegessen, beide
hatten ¼ ihrer Maßkrüge ausgetrunken, der eine hatte noch, bevor
er aus Klo ging, eine Maß Schwarzbier bestellt … aber bevor wir
miterleben konnten, wie die Geschichte ausgeht, haben wir uns auf den
Heimweg gemacht.
Am Freitag
hatten wir geplant, nachmittags mit Frau Drinhausen zum nahegelegenen
Glockentempel zu laufen. Das Laufen war kein Problem, der Tempel war
nah. Er war nur nicht offen, da im Umbau befindlich.. Also
entschieden wir uns dazu, gleich ins Zentrum zur Wangfujing zu
fahren, wo wir am Abend in dem vegetarischen Restaurant essen
wollten, in dem in der ersten Woche schon Stefan, Thomas und ich
gewesen waren. Vorher tranken wir noch in einem Kaufhaus Kaffee und
flanierten auf der Wangfujing, die am Abend mit all den Lichtern und
Leuchtreklamen noch ein wenig eindrucksvoller und lebhafter
erscheint. Wie immer, wenn wir mit Frau Drinhausen unterwegs sind,
führten wir spannende und auch sehr lustige Gespräche. Wir werden
sie/Sie vermissen, wenn sie in einer Woche zurück nach Leipzig
fliegt!
Samstag, 20.09.2014
Frau Lai hatte
uns und diesmal auch Frau Drinhausen (damals war sie ja noch nicht
da) wieder zum Mittagessen zu sich eingeladen. Diesmal haben wir uns
dagegen entschieden, Ewigkeiten in der U-Bahn zu verbringen und dann
nochmal 20 Minuten im Bus und nahmen stattdessen das Taxi. Das
kostete uns oder besser gesagt Frau Drinhausen (mal bezahlt die eine,
mal der andere, beim Essen wie beim Taxi – die Rechnung aufteilen
ist in China einfach nicht üblich und so will man die ganzen
Dienstleister und Bedienungen auch nicht warten lassen) nur 56 Yuan
und 40 Minuten. Und dafür sahen wir noch was von der Stadt, was ja
beim vielen U-Bahn-Fahren leider nicht der Fall ist. Wie auch beim
letzten Besuch bei Frau Lai kauften wir vorher noch ein paar Früchte
als kleine Aufmerksamkeit. Das Essen war wie erwartet mehr als genug:
vier vegetarische Gerichte extra für Thomas und mich, Ente, Fisch,
ein Reisgericht, danach noch eine Suppe, dann Obst und Kaffee und ein
wenig später noch Pekinger Backspezialitäten (nicht so gut wie
Kuchen aus Deutschland, was auch übrigens Frau Lai findet, die ja
lange in Deutschland gelebt hat, aber dennoch für chinesisches Süßes
ganz lecker). Und natürlich war Liu Bobo fleißig dabei, Bier
aufzutischen, uns bei jeder Gelegenheit nachzuschenken und uns
allerhand Geschichten zu erzählen, die wir mal mehr, mal weniger
verstanden. Frau Lai versuchte ihren Gatten des öfteren auf
neckische Art darauf aufmerksam zu machen, dass seine Geschichte für
unser Chinesisch doch wohl etwas zu kompliziert seien und er sie
einfacher erzählen sollte. Ihre Hinweise stießen bei Liu Bobo
jedoch weitestgehend taube Ohren, und so erzählte er uns und Frau
Drinhausen, die natürlich um einiges mehr verstand als wir, weiter
von Gott und der Welt. Auf eine Sache machte er Thomas und ich
aufmerksam, die wir beim nächsten Essen bestimmt bedenken werden: Es
gilt als unhöflich, denn Ellenbogen des Armes, in dem man die
Stäbchen hält auf dem Tisch aufzusetzen und sich dann das Essen zu
nehmen. Bei Frau Lai ginge das, weil wir ja Kollegen und Freunde
seien, aber bei anderen Leuten, vor allem bei älteren, sollte man
den Ellenbogen anheben, weil man andernfalls ausdrückt, dass einem
das Essen egal ist oder nicht schmeckt. Man lernt immer wieder dazu.
Und vor allem lernt man, dass chinesische Esskultur immer ein wenig
komplizierter ist, als man denkt.
Sonntag, 21.09.2014
Schon letzte
Woche hatten Thomas und ich uns mit Weilin verabredet, um gemeinsam
das 中国国家博物馆
zhōngguó guójiā bówùguǎn, das Nationalmusem, zu
besuchen, welches sich direkt am Tian'anmen befindet. Um zwölf
trafen wir uns mit ihm, und er lud uns natürlich zuerst zum
Mittagessen in ein nettes Jiaozi-Restaurant in der Nähe ein. Zum
ersten Mal aßen wir dort Jiaozi mit einer Füllung aus Möhren und
Ei, verdammt lecker!! Weilin erklärte uns auch regionale
Unterschiede der chinesischen Jiaozikultur: Im Nordosten Chinas, also
auch in Peking, ist das traditionelle Jiaozi-Machen mit der ganzen
Familie ein wichtiger Bestandteil größerer gemeinsamer Essen oder
der Feierlichkeiten zum Frühlingsfest, auf Chinesisch 包饺子
bāo jiǎozi, also „Jiaozi einpacken“. Im Süden
dagegen soll es keine Tradition der häuslichen Jiaozi-Herstellung
geben, zudem ist der Teig aus Reismehl und nicht wie im Norden aus
Weizenmehl.
Nachdem wir
fertig waren, machten wir uns mit der U-Bahn auf den Weg ins Zentrum
zum Tian'anmen. Der Eintritt ins Museum ist umsonst, man muss nur
irgendein offizielles Ausweisdokument vorzeigen, sei es die
chinesische ID-Karte, der Reisepass, der chinesische
Studentenausweis, der Behindertenausweis, der Rentnerausweis,
Arbeitsausweis, etc. pp. Also nicht umsonst ins Museum reinzukommen,
ist äußerst schwer. Thomas und ich zeigten unseren Studentenausweis
der Uni, da fühlte ich mich gleichmal viel weniger fremd und viel
weniger nicht-chinesisch :-)
Eine Fotoreihe namens "Sleepy China" wär auch mal interessant ... |
Die Ausmaße des
Museums als riesig zu bezeichnen, wäre untertrieben. Es ist
gigantisch, wie alles, was sich rings um den Tian'anmen ansiedelt.
Die Empfangshalle noch höher und weitläufiger, als der Leipziger
Hauptbahnhof.
Rolltreppen führen nach oben
und unten in die
verschiedenen Ausstellungsbereiche. Weilin führte uns aber nur durch
den Bereich der chinesischen Kaiserreiche, also des klassischen
Chinas, angefangen bei der Steinzeit und der Xia, Shang und
Westlichen Zhou bis zur letzten letzten Dynastie, der Qing-Dynastie.
Weilin konnte uns sehr viel interessantes über verschiedene
Ausstellungsgegenstände erzählen, und alles auf Chinesisch. Dass
wir davon nicht immer alles
verstanden, versteht sich von selbst.
Aber nur so wird man besser und lernt dazu. Eine halbe Stunde, bevor
dass Museum schloss, machten wir uns dann auf den Weg zum Abendessen.
Dazu mussten wir zwar wieder durch die ganze Stadt mit der U-Bahn bis
in den Norden zur Peking-Universität fahren, aber das hat sich auf
jeden Fall gelohnt. Weilin ging mit uns in ein vegetarisches
Restaurant („kein Ei, kein Fleisch, kein Alkohol, kein Rauchen,
kein Geschmacksverstärker“ - so der Werbespruch des Restaurants) ,
in welchem er vor einiger Zeit mit einem Freund gewesen war. Nach ein
paar Problemen beim Wiederfinden des Ortes (wie so oft, wenn man in
China was sucht ;-), mussten wir feststellen, dass das Restaurant
sehr gut besucht war, obwohl die übliche Abendessenzeit schon
vorüber war. Ein gutes Zeichen. Allerdings mussten wir dann noch auf
einigen Plastestühlen und an Plastetischen davor warten, bis sich
drinnen ein freier Platz finden würde, nachdem andere Gäste
gegangen waren. Das Warten auf freie Plätze in guten Restaurants ist
in China ein oft zu beobachtendes Phänomen. Vor manchen Restaurants
warten einfach nur viele Menschen stehend mit Wartenummern in der
Hand, vor manchen Restaurants stehen aber auch gemütliche Sessel
oder Sofas, die noch mehr zum Warten einladen. Möglich ist dieses
System sicher auch nur dadurch, dass, nicht wie in Deutschland, die
Gäste, nachdem sie fertig gegessen haben, meist sofort gehen.
Während wir also warteten, tranken wir etwas Tee und Weilin erklärte
uns, dass man in China, wenn jemand einem Tee oder Alkohol
einschenkt, zweimal mit den Knöcheln auf den Tisch klopft, als
Zeichen des Dankes. Das zweimalige Klopfen symbolisiert den
chinesischen zweisilbigen Ausdruck für Danke, 谢谢
xièxiè. Mehr als zweimal zu klopfen ist dagegen in
jeglichen Situationen eher unangebracht, da es Unzufriedenheit
symbolisiert. Was wohl chinesische Professoren denken würden, wenn
sie an deutschen Unis eine Vorlesung halten würden …? Als wir dann
jedenfalls fertiggewartet und drinnen Platz genommen hatten, machten
wir uns ans Auswählen aus den zahlreichen vollständig vegetarischen
Gerichten. Wir bestellten zwei Tofugerichte, von denen das eine das
berühmte 宫保鸡丁
gōngbǎojīdīng, Palastwächterhühnchen, imitierte
und das andere etwas fruchtiger und tomatiger schmeckte. Beides
fantastisch. Dann noch ein kaltes Gericht, kalte schwarze Nudeln in
Essig und ein bisschen Chilli, auch wunderbar! Zusätzlich gebackenes
Schweinefleisch-Imitat (der richtige Name war selbstverständlich
weitaus blumiger) süß-sauer, mit Ananas. Und das war mit Abstand
das leckerste.... gäbe es in China nur das zu Essen, wäre das auch
vollkommen in Ordnung. Und Thomas und ich entschieden uns noch für
mit Käse überbackenen Broccoli, mhhhhh, Käääässsseee!!
(tatsächlich gab es dort auch vegetarische Spaghetti und Pizza).
Wenn auch etwas teuer (Thomas und ich konnten uns diesmal durchsetzen
und Weilin musste nichts zahlen ;-), so ist das doch ein Ort, wo wir
unbedingt wieder hin müssen und ihr auch hin solltet, wenn ihr
Peking seid. Wer die Adresse will, sagt Bescheid.
Rote Lackschatulle aus der Qing |
Miniterrakottakrieger |
Wunderschöne und aufwändig verzierte Krone |
Während des
Essens fragte ich Weilin, was er zu der
Ellebogen-nicht-auf-dem-Tisch-Regel von Liu Bobo meinte. Er sagte,
dass er diese Regel kenne, aber sie vielleicht eher unter Leuten
älterer Jahrgänge verbreitet sei. Eine Regel, die er dagegen als
sehr wichtig erachtet, auch unter jungen Chinesen, sei, dass man sich
von den Tellern mit den verschiedenen Gerichten in der Mitte des
Tisches nur das nimmt, was zu einem zeigt, man greift nicht mit den
Stäbchen über den Teller und nimmt sich von der anderen Seite.
Nehmen wir also mal an, in der Mitte des Tisches steht ein einziges
Gericht, sagen wir mal Tomate mit Ei. Um den Tisch herum sitzen in
gleichmäßigen Abständen 4 Leute. Das Tomate-Ei-Gericht in der
Mitte des Tisches würde sich also theoretisch in vier Teile
aufteilen, jeder darf nur von seinem Viertel etwas zu essen nehmen.
Ist der eigene Teil dann leer gegessen, heißt das, dass man von
diesem Gericht genug gegessen hat. Nun noch mit den Stäbchen auf
einen anderen Teil des Gerichts zuzugreifen, erachtet auch Weilin als
sehr unhöflich. Schließlich stehen bei einem normalen chinesischen
Essen so viele Gerichte auf dem Tisch, dass wirklich niemand Angst
haben muss, zu verhungern. Wieder was gelernt, und offensichtlich
sogar etwas, worauf man sehr achten sollten, wenn man nicht als
ungehobelter Grobian gelten will :-P
Ich hoffe, dass
sich meine Srehciefblher in diesem Beitrag in Grenzen halten. Der
letzte Eintrag war einfach unter viel Stress entstanden und wenn man
dann einmal so einen Text fertig hat und ihn versucht, unter allerlei
Problemen mit dem Internet und VPN hochzuladen, hat man keine Lust
mehr, nochmal alles auf Rechtschreibung durchzulesen. Bin ja auch
nicht zum Blogschreiben hier :-P
Wenn ihr
irgendwelche Fragen habt, zu meinem Leben hier, wenn ihr über etwas
Chinaspezifisches genauer Bescheid wissen wollt, dann schreibt es
gerne in die Kommentare, dann kann ich auch mal einen Beitrag machen,
wo ich versuche, all eure Fragen zu beantworten. So einfach könnt
ihr nie mehr was über China erfahren ;-)
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